Donnerstag, 8. Dezember 2016

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Ein Abend am Nil

Von Alexander Sperk

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Stammt aus Württemberg, hat aber eine Schwäche für Pfälzer Rieslinge: Kellermeister Johannes Häge. (foto: Weingut am Nil).

Kallstadt war ja in den vergangenen Wochen recht häufig in den Schlagzeilen – aber leider nicht wegen des Weins, sondern wegen der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten. Sein Großvater war ja aus der pfälzischen Gemeinde in die USA ausgewandert, und hätte die Speyerer Bezirksregierung vor mehr als 100 Jahren seiner Rückkehr in die Pfalz zugestimmt, dann … na ja, egal. Aber ein ganz kleines bisschen stand Kaltstadt doch auch wegen des Weins im Blickpunkt. Denn das Weingut am Nil hat es mit seiner Riesling-Kollektion ziemlich überraschend auf den zweiten Platz beim „Riesling Champion“-Wettbewerb der Fachzeitschrift Vinum geschafft. Unabhängig davon hatte ich vor ein paar Wochen auf Empfehlung eines Freundes zwei Flaschen des Rieslings vom Ungsteiner Herrenberg des Weinguts am Nil gekauft. Die erste Flasche hat mich ein wenig ratlos zurückgelassen. Der Wein ist sehr komplex, zuweilen auch kompliziert. Man muss sich auf ihn einlassen. Da kam die Einladung des Weinguts, Kellermeister Johannes Häge zu treffen, sehr gelegen. 

Nur wenige Hundert Meter vom Haus des Trump’schen Großvaters entfernt liegt das Weingut am Nil. Obwohl ich Kallstadt eigentlich ganz gut kenne, hat es mich doch überrascht, dass sich ein derart großzügiges Anwesen so nah des Ortszentrums befindet. 2010 hat die Unternehmerfamilie Ana und Reinfried Pohl das ehemalige Weingut Eduard Schuster gekauft, seitdem ist viel Geld in Anwesen und Weinkeller geflossen. Allerdings ging man dabei sehr stilsicher vor, bewahrte den Charme des alten Weinguts und kombinierte ihn an vielen Stellen geschickt mit neuen Elementen. Das Gutsrestaurant „Große Vinothek“ erwies sich mit seiner gehobenen Küche von Anfang an als Volltreffer. Der Sandsteingewölbekeller, in dem die Weine des Weinguts am Nil reifen, ist schon beeindruckend. Entsprechend gespannt war ich auf die Verkostung der Weine mit Kellermeister Johannes Häge in der kleinen Vinothek.

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Der alte Sandsteingewölbekeller. (foto: Andreas Durst)

 

Johannes Häge hat – so jedenfalls mein Eindruck – mit seinem Team ziemlich freie Hand beim Ausbau der Weine. Natürlich hat der Kellermeister auch gute Voraussetzungen. Nicht nur im Keller, sondern auch bei den Lagen kann er aus dem Vollen schöpfen: Die Trauben des Weinguts reifen im Weilberg, Herrenberg, Steinacker oder natürlich im Saumagen. Diese Lagen finden sich bereits im Gutsriesling (Jahrgang: 2015/8,50 Euro ab Hof/12 % Vol.)  wieder, der einen guten Einstieg in die Riesling-Welt des Weinguts darstellt. Er hat schon beachtliche Kraft, aber bietet auch das, was einen Pfälzer Guteriesling ausmacht: Zitrusfrucht, Pfirsich und ein bisschen reifer Apfel. Dennoch ist er mehr als ein klassischer Trinkwein, sondern eher ein Trinkwein mit Klasse. Die Säure ist zwar präsent, aber nicht dominant, lässt Frucht und Mineralität genügend Raum.

„Manche VDP-Weingüter sagen, dass wir uns strikter an die VDP-Klassifizierung halten als sie selbst“, sagt Johannes Häge lachend, während er die Ortsweine einschenkt. Dem Kellermeister aus Württemberg ist es bei den Ortsweinen gelungen, die speziellen Terroirs der Ungsteiner und Kallstadter Lagen herauszuarbeiten. In den Kallstadter Lagen Steinacker und Saumagen dominiert eher der Kalk, die Erde ist gelb. Bei den Ungsteiner Lagen des Weinguts spielt die Terra Rossa, die rote Erde, die sich vor allem am Weilberg findet, eine große Rolle. Der Kallstadter Ortsriesling (Jahrgang: 2015/14,50 Euro ab Hof/13 % Vol.) ist etwas filigraner als sein Ungsteiner Pendant, die Fruchtnoten erinnern an Pfirsich, grünen Apfel, Quitte und Zitrus und harmonieren gut mit der präsenten Säure. Dem Ungsteiner Ortsriesling (Jahrgang: 2015/14,50 Euro ab Hof/13 % Vol.) hat die rote Erde des Weilbergs ihren Stempel aufgedrückt. In der Nase reifer Apfel und etwas Kräuter, im Mund dann noch viel Pfirsich, aber auch Limette, ein wenig Orangenmarmelade und Ananas. Im Vergleich zum Kallstadter Ortswein etwas fülliger, aber keineswegs fett. Für mich ein toller Riesling mit ordentlich Potenzial und der für mich typischen Weilberg-Note.

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Die Ortsrieslinge sollen das Terroir der Lagen widerspiegeln. Das Bild zeigt eine Parzelle im Kallstadter Saumagen. (foto: Andreas Durst)

 

Er arbeite gerne mit Holz – auch beim Riesling – , sagt Kellermeister Johannes Häge. Allerdings dürfe das Holz den Wein nicht erschlagen, sondern müsse dessen Charakteristik unterstreichen. Bei beiden Ortsweinen bemerkt man erst spät am Gaumen, dass ein Teil des Rieslings im Holz war. Der Kellermeister schenkt seine beiden Lagenrieslinge ein. Beide stammen aus Großen-Gewächs-Lagen: dem Ungsteiner Herrenberg (Jahrgang: 2014/Alkohol: 13,5 Vol. %/ 19,50 Euro ab Hof) und dem Kallstadter Saumagen. Der Herrenberg zeigt in der Nase Noten von exotischer Frucht, Salz und Pfirsich. Im Mund dann viel Apfel und wieder Pfirsich.

Das Meisterstück in der Riesling-Kollektion des Weinguts am Nil ist für mich der Saumagen-Riesling (Jahrgang: 2014/Alkohol: 13,5 Vol. %/21,15 Euro ab Hof). In der Nase etwas Kräuter, Zitrus und Pfirsich, im Mund dann wieder Pfirsich, reifer Apfel, etwas Salz und ein wenig Grapefruit. Der Wein gefällt durch jugendliche Frische, aber auch durch beachtliche Kraft. Erst am Gaumen merkt man den gekonnten Holzeinsatz. Obwohl der Wein sicher großes Potenzial in Sachen Reifung hat, schmeckt er schon jetzt. Definitiv Große-Gewächs-Liga und der Abschluss eines spannenden Abends am Nil!

Ach ja, vielleicht noch ein Satz zum Namen des Weinguts: Eine der vier Gewannen, die zur Weinlage Kallstadter Saumagen zusammengelegt wurden, trug den Namen „Nihl“, „Nill“ oder eben „Nil“ (die Schreibweisen gehen hier auseinander). Darauf spielt der Name „am Nil“ an. Der Löwe, der sich unter anderem auf den Etiketten findet, steht auch keineswegs für Afrika, sondern war Teil eines früheren Kallstadter Stadtwappens. Wer mehr über das Weingut am Nil erfahren möchte, kann sich hier informieren.

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